
Seiko im Dschungel, Krieg und Film
Manche Uhren erzählen die Zeit. Andere erzählen Geschichten. Die Seiko „Captain Willard“ gehört zweifellos zur zweiten Sorte – sie ist keine Uhr, sie ist ein Kapitel Film- und Militärgeschichte am Handgelenk.
Ihr Mythos beginnt nicht in einer Boutique, sondern mitten im Vietnamkrieg. Dort, wo Soldaten unter unmenschlichen Bedingungen kämpften, wurden robuste, zuverlässige Uhren zum Überlebenswerkzeug. Die Seiko 6105 – das Originalmodell aus den 70ern – wurde zur inoffiziellen Armbanduhr der GIs. Kein offizielles Militärequipment, sondern eine Wahl aus Überzeugung. PX-Shops führten sie, weil sie günstig, zäh und verdammt zuverlässig war. Während die Rolex Submariner nur wenigen vorbehalten blieb, war die Seiko Taucheruhr ein Werkzeug für den Soldat im Feld. Eine Uhr, die mit Matsch, Hitze und Strapazen klarkam – und dabei verdammt gut aussah.
Und dann kam Apocalypse Now. Martin Sheen, alias Captain Willard, trug exakt dieses Modell in der Rolle des innerlich zerrissenen Offiziers, der auf einem Boot durch die Abgründe des Krieges fährt. Der Blick auf die Uhr wurde zu einem stillen Symbol: Zeit verrinnt, Wahnsinn wächst, aber das Ticken bleibt konstant. So wurde die 6105 zur Kultuhr – nicht, weil sie glänzte, sondern weil sie standhielt.
Die heutige SPB153J1 ist keine Kopie, sondern eine kluge Neuinterpretation. Sie bewahrt das markante Gehäuse, diese organisch geschwungene Asymmetrie mit Kronenschutz, die damals aus praktischen Gründen entstand – und heute zum Markenzeichen geworden ist. Das grüne Zifferblatt der Neuauflage? Vielleicht ein stiller Gruß an die tropischen Farben des Dschungels.
Wer die „Captain Willard“ trägt, trägt mehr als ein Designstück. Er trägt eine Erinnerung an eine Zeit, in der Uhren Werkzeuge waren. Eine Hommage an all jene, die sich nicht für Luxus, sondern für Verlässlichkeit entschieden haben. Und an einen Film, der zeigt, dass selbst im Wahnsinn ein leises Ticken bleibt.